Griechisch wozu?

Wozu Griechisch? Was bringt es, eine "tote" Sprache zu lernen? Mit solchen Fragen ist man schnell bei der Hand. Es gibt andere Dinge, da könnte man genauso fragen: Wozu Musik, wozu Malerei, wozu Literatur, wozu Theater usw. Es gibt Dinge, auf die man nicht verzichten will, auch wenn sie keinen Nutzen zu bringen scheinen. Gerade diese Dinge sind es, die uns innerlich bereichern - und da gehört Griechisch dazu.

Zugegeben: (Alt-)Griechisch ist eine Sprache, in der man nicht einmal einen Mokka bestellen kann: Sie wird heute weder gesprochen noch verstanden. Wer eine Sprache lernen will, um in ihr zu kommunizieren, der ist mit einer modernen Fremdsprache besser beraten. Wer dagegen eine Sprache lernen will, um durch sie etwas zu erfahren, etwas Neues kennen zu lernen, sich neue Horizonte im Denken zu erschließen, dem kann Griechisch sehr viel bieten.

Griechisch am Gymnasium lernen zu können, ist eine einmalige Chance. Wer sie nicht nutzt, wird diese Sprache höchstwahrscheinlich nie lernen. Mit den modernen Fremdsprachen steht es anders: die kann man jederzeit noch lernen, es gibt im ganzen Leben noch viele attraktive Lernmöglichkeiten, am besten sogar im entsprechenden Land. Für Griechisch gibt es dagegen nur noch die völlig zu recht so genannten Crash-Kurse an Universitäten und wenigen anderen Bildungseinrichtungen, und die sind zu Recht unbeliebt bis gefürchtet.

Mit keiner anderen Sprache kommen wir so nahe an unsere eigenen Wurzeln heran wie mit Griechisch. In "Demokratie“, "Therapie“, "Kosmetik“, "Theater“, "Idiot“, "Philosophie“ oder "Monopol“ stecken nicht nur griechische Wörter, sondern auch griechische Gedanken - Gedanken, die nach über 2000 Jahren immer noch unsere Welt prägen.

Wer kennt nicht die Sagen von Troja, die Irrfahrten des Odysseus, die Taten des Herakles? Wer diese Dinge in der Originalsprache lesen kann, versteht sie nicht nur besser und genauer, weil er aus erster Hand liest. Er kann auch ein Vergnügen dabei emfinden, das denen entgeht, die nur eine Übersetzung lesen; denn das Original bleibt immer unerreicht. Hört euch nur mal einen englischen Pop-Song in deutscher Übersetzung an oder versucht, den Erlkönig ins Französische zu übertragen: Das Ergebnis ist mit Sicherheit peinlich - das Original ist eben durch nichts zu ersetzen.

Ähnlich ist es mit der Philosophie, mit dem Neuen Testament, mit den Dramen der alten Griechen, die zu allen Zeiten nachgeahmt wurden und heute noch unsere Theater füllen. Die Sagen, die Kunst, die Reste der Bauwerke des antiken Hellas faszinieren noch heute. Die alten Griechen waren ein sehr kreatives Volk, und die Beschäftigung mit ihnen kann auch unsere Kreativität fördern.

Die griechische Kultur hatte ihren Sitz mitten im Leben, sie war nie langweilig - dazu haben Sie höchstens deutsche Professoren, Lehrer und andere Museumswärter gemacht. Und sie ist heute noch lebendig: Wer wissen will, wieso die Oper erfunden wurde (ob er ihre Erfindung für wünschenswert hält oder nicht), warum wir unsere höheren Schulen "Nackt-Stätten“ nennen (nichts anderes heißt Gymnasium), woher es kommt, daß der Kuß der Muse solch inspirierende Kraft hat - der wird die Antwort bei den Griechen finden.

Griechisch ist zwar ein anspruchsvolles Fach - aber es kann spannend werden wie kaum ein zweites. Vordergründig betrachtet, ist Griechisch kein besonders nützliches Fach: Aber meist sind es gerade die (scheinbar) nutzlosen Dinge, die uns innerlich bereichern können, nicht die nowendigen. (Als Beispiele mögen die Musik und die Liebe genügen.) Immerhin steht es einer erfolgreichen Karriere nicht im Wege, wie die Interviews vom Franz-Ludwig-Gymnasium in Bamberg zeigen. 

Um nochmal auf die Mokka (im Griechischen ein weibliches Wort) zurückzukommen: Heute sagt man: "Mía mókka, parakaló.“